Feudalismus: Jobcenter gewähren Hilfe

Schlendern wir die Gänge eines Jobcenters entlang, entdecken wir an den Büroschildern ein Wort besonders häufig: Gewährung, vor­zugs­wei­se in der Zusammensetzung »Leistungsgewährung«. Unsere vo­ka­belreiche deutsche Sprache benutzt dieses Wort in einem ziem­lich eindeutigen Sinne, nämlich jemandem großzügigerweise et­was zu geben oder zuzugestehen. Das Jobcenter wendet allerdings – von Politik und Verwaltung geduldet, wenn nicht gefördert– dieses Wort fälschlicherweise im Sinne »einer Rechtspflicht nachkommen« an.

Diese sprachliche Fehlleistung bringt Übles mit sich, für Bedürftige ebenso wie für die Leistungsgewährer. Die Bedürftigen, oft schon reichlich vom Schicksal und der Wirtschaft gebeutelt, begeben sich vorauseilend in eine dauerhafte Kniefallposition. Ein Auftreten, das ihren Chancen auf dem Arbeitsmarkt selten gut tut. Die Leis­tungs­gewährer hingegen entwickeln ein Machtgehabe, wie es wohl einem Burgvogt oder Lehnsherrn anstand.

Und so ist es geschehen, dass ein Jobcenter nach einem anonymen Hinweis nicht nur einer Ar­beits­losen im stattlichen Alter von 64 Jahren Miete und Heizung ver­wehr­te, weil sie zu wenig Tage in ihrer Einraumwohnung verbrachte, sondern das Landessozialgericht in Mainz hat  entschieden, dass das rechtlich nicht zu beanstanden sei.

Im »gewährenden« Feudalismus wäre ein solches Prozessergebnis nicht verwunderlich gewesen, war doch der Feudalherr zugleich auch oberster Richter über alles, was in seinem Beritt kreuchte und fleuchte. Doch heute? Selbst Mordverdächtige brauchen Durch­su­chungen ihrer Privaträume ohne richterlichen Beschluss nicht zuzulassen. Lässt jedoch ein Arbeitsloser einen solchen Vorstoß gegen die Unverletzlichkeit seiner Wohnung nicht zu, kann er – ohne Gerichtsbeschluss! – mit einem monatlichen Zwangsgeld in Höhe einer Warmmiete belegt werden.

Wir können vermuten, dass Angestellte und Beamte in Jobcentern unterdurchschnittlich oft im Sinne des  § 253 StGB straffällig wer­den. Solche Neigungen oder Gelüste dürfen sie mit dem Segen der Obrigkeit schon in ihrer Bürozeit und gegen Bezahlung ausleben.

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