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Staatswohl: Gefahr durch Unsinn

Unser aller Bundesverfassungsgericht stellt bei Rüstungsexporten das »Staatswohl vor Mitsprache«. Soll heißen, die Regierung darf im Ge­heimen Waffen exportieren und muss deutsche Abgeordnete nicht vorab informieren. Und das, obwohl man mit diesen Waffen durch­aus auch auf Deutsche und das Bundesgebiet zielen und schie­ßen kann und gegebenenfalls auch wird.

Allerdings dürfen die Parlamentarier zumindest nach ab­ge­schlos­se­nem Rüstungsgeschäft von der Regierung Auskunft darüber ver­lan­gen, und dies in einer eingeschränkten Ausführlichkeit. So werden die Gründe, warum ein Rüstungsgeschäft genehmigt wurde, nicht mit­ge­teilt.

»Staatswohl« gibt es bei uns in keinem Gesetzestext, im Grund­ge­setz schon gar nicht. Wenn sich irgendein Gericht in einer Ur­teils­be­grün­dung darauf beruft, ist diese Begründung deshalb simuliert und damit nichtig.

Und selbst wenn sich Politgrößen irgendwo am Stammtisch so einen Hohl­be­griff wie »Staatswohl« angetrunken und ausgedacht hätten, fehl­te es an nachvollziehbaren Kriterien für den Grad des Staats­wohls, ob es denn hoch oder niedrig sei. In jedem Fall hätte die­ses »Staatswohl« nichts mit dem Wohl der Bürger zu tun, wie man als Beispiel dem offiziellen Armutsbericht entnehmen kann. Pardon, das Ding heißt ja mit vollem Namen »Der Vierte Armuts- und Reich­tums­be­richt der Bundesregierung«, wodurch wir endlich verstehen kön­nen, dass es Arme nur geben kann, wenn da auch Reiche sind. Denn wenn alle arm sind, ist auch wieder keiner arm, oder was?

Mit diesem – in der »Urteilsbegründung« offen zugegeben – die Rüstungsindustrie schützenden Urteil hat uns das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt zu einer weitreichenden Erkenntnis verholfen: Nicht das nachprüfbare Wohl des Einzelnen, sondern das »Staatswohl« geht vor. Hoffen wir nur, dass nicht bald zu viele Rentner irgendwie das Staats­wohl gefährden. Dann könnte mit gleicher Logik Eu­tha­na­sie auf die Tagesordnung gesetzt werden.