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Deutschland: Unser tägliches Unrecht

Allein 2013 gab es weit über 200000 erfolgreiche Widersprüche gegen Hartz-IV-Bescheide. Demnach waren mindestens so viele Bescheide einfach Unrecht. Gehen wir von einer Dunkelziffer von nur 100000 weiteren Widersprüchen aus, die erfolgreich hätten eingelegt werden können, bleiben die entsprechenden Amtsakte auch Unrecht, für immer.

Aber es trifft nicht nur die Bedürftigen. Alljährlich sind in unserem Land weit über 3 Millionen Steuerbescheide nachweisbar falsch, al­so Unrecht.

Wieviel Unrecht an wievielen Menschen muss wie häufig ge­sche­hen, dass unsere Republik den Titel »Unrechtsstaat« verdient? Und warum beziehen unsere Politiker weder im Wahlkampf noch bei Koalitionsverhandlungen klare Stellung und distanzieren sich von dieser Welle – wenn es denn kein Tsunami ist – an Unrecht, die uns alle früher oder später trifft, und versprechen oder schaffen sogar Abhilfe?

Verlangen Vertreter einer Partei A allein von Vertretern einer Partei B, ein verflossenes Land als Unrechtsstaat zu brandmarken und sich davon rückwirkend zu distanzieren, entsteht der Verdacht, dass damit Partei A unser heutiges Unrecht – wenn schon nicht be­för­dert – so doch billigend in Kauf nimmt.

Politik wird erst richtig schwierig, wenn dabei das Recht nicht unter die Räder kommen soll.

Zeitungen: Google führt vor und zockt ab

Suchen wir im Internet nach »Süddeutsche Zeitung« und »Anzeige«, bekommen wir alle möglichen Ergebnisse, aber eines nicht: eine aktuelle Anzeige aus dieser Zeitung. Warum ist das so? Weil die Verleger zwar Geld und Fleiß aufwenden, Google zum Zahlen für angezeigte Zeitungsschnipsel per Gesetz zu verdonnern, aber sich dabei von diesem Internetriesen gehörig an der Nase herumführen lassen.

Wozu braucht denn Google die fremden Schnipsel? Zum Anlocken auf seine riesige, Milliarden einbringende Anzeigenplattform. Goog­le blendet die Anzeigen der Publikationen aus, betreibt also Zensur aus wirtschaftlichen Gründen und alle lassen dieses Unter­nehmen dabei unbehelligt. Als Nichtjurist weiß ich nicht, gegen wie viele Gesetze Google damit verstößt, aber ethisch sauber und kar­tell­rechtlich einwandfrei kann diese Indizierungsmethode kaum sein. Viele Zeitungsverlage helfen Google dabei sogar, indem sie ihre Anzeigen gar nicht erst online verfügbar machen.

Hätten die Zeitungsverleger Ahnung oder gar Kenntnisse, die über das profitable Auslasten von Druckmaschinen hinausgehen, stünde Google schon längst – von den teuersten Anwälten der Welt ver­klagt – vor Gericht und würde dazu verurteilt, sämtliche Zeitungen mit all ihrem Inhalt in den Suchergebnissen darzustellen. Oder auf seiner ersten Internet-Seite zu erklären, dass die Suchergebnisse nach wirtschaftlichen Interessen der Firma gefiltert und damit verfälscht werden. Und das in vergleichbarer Größe zu den Todes­drohungen auf einer Zigarettenpackung.

Muss Google erst einmal alle Anzeigen in den Suchergebnissen darstellen, erweitert sich die Reichweite selbst für kleinste Blätter so dramatisch, dass die Anzeigenpreise in die Höhe schnellen. Die Zeitungen wären dann derart profitabel, dass sie Google für die Ver­breitung ihres kommerziell wichtigen Materials leichthin 15% ihrer Einnahmen zahlen könnten.

Dann hätten die Zeitungsverleger wieder eine reelle Chance, als mit wirtschaftlichem Sachverstand ausgestattete Unternehmer an­ge­se­hen zu werden.

Glaube: Das vielfach gespiegelte Nichts

Wollen wir etwas oder jemanden erledigen, gibt es seit Jahrtausen­den ein Mittel: der Glaube. Es ist ein echtes Wundermittel, denn der Glaube ist ein pures Nichts und wirkt doch. Wir können ihn nicht nach­prüfen oder gar widerlegen. Er wider­­spricht keiner Logik, weil er definitionsgemäß keine hat. Er ist frei in der Form, da er mit der Realität nichts zu tun hat. Manche schaffen es sogar, die Realität einfach wegzuglauben. Ist das erst einmal erle­digt, werden alle Ge­dan­ken zum Glauben. Mühelose Fantasie tritt dann an die Stelle anstrengenden Denkens und endlich werden alle Menschen gleich, weil alles irgendwie richtig ist oder zumindest nicht falsch sein kann. Eine verführerische Utopie!

Der Glaube lässt sich auch aus dem Stegreif erfinden, erträumen oder einbilden und wir können Mitgläubige durch Druck, Übertöl­peln oder raffinierte Manipulation gewinnen, die uns beistehen, etwas oder jemanden zu erledigen. Die Mitgläubigen könnten es dann beispielsweise erledigen, uns Existenz oder auch Wohlstand zu sichern.

Doch damit nicht genug: erklären wir unseren Glauben, erfährt der Empfänger unserer Botschaft überhaupt nichts über unseren Glau­ben, er erfährt nur, was wir darüber sagen und nicht einmal, ob wir überhaupt einen Glauben haben. Und erklärt der Adressat: »Oh, ich verstehe Deinen Glauben!«, wissen wir wiederum nicht, was er er wirklich verstanden stand, sondern nur, was er sagt, dass er glaubt, verstanden zu haben. Meldet er gar: »ich nehme Deinen Glauben an«, erfahren wir nur, was er sagt, dass er glaubt, angenommen zu haben. Und so pflanzt sich der Glaube als wahrhaft unfassbares Monster von Mensch zu Mensch fort, bis er endlich auf einen trifft, der den Mut aufbringt, Glauben als das zu benennen, was er wirklich ist: eine gigantische Verschwendung geistiger Energie für ein Nichts. Und es einfach ablehnt, sich durch Glauben von den Aufgaben und Freuden des Lebens ablenken zu lassen.

Lasst uns diesen Menschen preisen, denn er zeigt, wie wir mit diesen Dieben unserer Lebensenergie umgehen sollen: nicht die kleinste Aufmerksamkeit schenken!

Jennifer Cramblett: Von den Grenzen des Wollens

Wenn einer, weil er sich für ein Huhn hält und unglaubliche Schwierigkeiten mit dem Eierlegen hat, beim Hausarzt auf Be­hand­lung seines Problems drängt, ist sein Weg in die Psychiatrie schon vorgezeichnet. Ein Mensch will Eier legen und gilt deshalb als krank, zumindest psychisch. Das wird wohl von niemandem bestrit­ten.

Doch das Feld des psychisch Kranken verliert zunehmend an Größe und die Aussichten auf neue, Grenzen sprengende Freiheiten sind glänzend.  So führte mein Wollen, eine steuerlich anerkannte Le­bens­gemeinschaft mit meinem Gummibaum einzugehen, zu keinen psychiatrischen Heilungsversuchen an mir. Ich liebe nun mal – rein sensorisch – die glatte Oberfläche der Blätter dieses wundervollen Baumes und möchte ihn deshalb stets um mich haben und ihm ideale Nahrung und optimales Klima bieten. Was erhöhte Ausgaben nach sich zieht, deren steuermindernde Anerkennung mir seit Jahren verweigert wird. Ich fühle mich also stark diskriminiert, vor allem, wenn ich neidvoll eingetragene Lebenspartnerschaften betrachte, die doch (noch) ebenso unfruchtbar zusammen leben wie ich mit meinem Ficus, aber dennoch fortpflanzungsfähigen Ehepaaren in vielem gleichgestellt sind.

Es sind Pioniere wie Jennifer Cramblett, die uns beharrlich und nach­haltig immer neue Freiheitsräume schaffen, damit uns unser Wollen nicht in die Zwangsjacke führt. Diese tapfere Frau vertritt nicht nur als Lesbe einen erweiterten Ehebegriff und möchte selbst­verständlich auch ein Kind »haben«. Nein, sie kämpft sogar – ihren guten Ruf riskierend – für einen gesunden Rassismus, den uns ver­staub­te Fantasiebrem­sen hartnäckig austreiben und damit die Frei­heit nehmen wollen zu bevorzugen, wonach uns der Sinn steht.

Menschen wie diese starke Frau geben mir die Hoffnung, dass ich eines Tages gemeinsam mit vielen Gleichgesinnten stolz und öf­fent­lich ausrufen kann: »Ich lebe mit einem Ficus und das ist gut so!«

Apokalypse heute: Wenn Juristen Leben definieren

Eine forsche Gymnasiallehrerin informierte mich einst: »Unterricht ist der Vollzug des Schulgesetzes!« und brachte damit mein zugegeben nur oberflächlich gefestigtes Weltbild ins Wanken und letztlich zum Einsturz. Die Angst keimte in mir auf, ein Jurist könnte mir entgegenschleudern: »Leben ist der Vollzug der Gesetzbücher!« oder »Moral ist die Einhaltung derselben!« Aber wer will so ein Leben, wo man zur simplen Vollzugsameise wird?

Über die Jahre nun ließ eingehende Lektüre von Behördenschreiben (vom Jobcenter bis zum Bezirks-, Bau- und Finanzamt) vermuten, dass zumindest die Amtsgewaltigen genau einem solchen Lebens­bild folgen. Und damit den Untergang der Menschheit vorbereiten! Nichts weniger!

Woher meine Panik? Weil es weder im Grundgesetz noch in nach­geordneten Gesetzen eine »Pflicht zur Arterhaltung« gibt. Schuld daran sind Nobelpreisträger wie Konrad Lorenz, der trotz erheb­licher Selbstzweifel bis zum Tode daran festhielt, dass unser aller genetisches Programm letztlich darauf hinzielt, der Art Mensch das Über­­le­ben zu sichern. Also verspürte auch niemand den Druck, die Arterhaltung als Gesetzes- oder gar Verfassungsziel festzulegen. Und was nicht im Gesetz steht, findet auch nicht statt. Spätestens seit 38 Jahren weiß aber die Welt, dass der Mensch seine Art höchstens dann erhalten kann, wenn er es mehrheitlich will und diesen Willen in erfolgreiche Tat umsetzt. Das Überleben der Mensch­heit ist kein Selbst­läufer.

Als ob dieses wahrhaft abgrundtiefe Gesetzesloch allein nicht schon schlimm genug wäre, brach zuvor auch noch das Christentum über uns herein, eine Religion, die in all ihren Schattierungen mit der Arterhaltung wahrlich nichts am Hut hat. Denn ihr geht es allein um den Erhalt, die Pflege und die Reinigung der Seele, für die schließlich der Körper eine höchstens vorübergehende, sündige und letztlich entbehrliche Behausung darstellen soll.

Und wer mir nicht glaubt, braucht die Messlatte der Arterhaltung nur an moderne Taten und Erklärungen anzulegen. Ob nun jemand (wer auch immer) von außen beim ukrainisch-russischen Problem »helfen« möchte oder die Iraqer von Saddam befreit: An die Art­er­hal­tung hat er – ganz dem eigenen genetischen Programm folgend – keinen Gedanken verschwendet. Und bei der angeblichen Führ­ungs­macht USA gibt es die Art Mensch ohnehin nur in der Form des US-Bürgers. Von dort ist also Abhilfe nicht zu erwarten.

Wenn wir bessere Politik und bessere Aussichten für die Erhaltung unserer Art wollen, muss sie Verfassungsgebot werden. Und das Bundes­ver­fassungsgericht braucht mehr Personal!