Der Fisch als Nichtschwimmer

Die Ukraine soll Streubomben eingesetzt haben. Etwas unscharf, der Satz. Wer denn? Die Ukraine als Staat oder die ukrainische Ar­mee oder irgendwelche Anti-Separatisten?

Diese Nachricht ist nicht so empörend, wie die geheuchelte Ent­rüs­tung, die sie vermitteln soll. Wird mir als Unbeteiligtem Tod oder schwe­re Krankheit zugefügt, lege ich bestimmt keinen Wert auf eine weniger inhumane Technologie, mit der das bewerkstelligt wird.

Entrüstung ist angezeigt, dass sich in unserer Zeit Regierungen auf Verbote bestimmter Waffenarten einigen und gleichzeitig Länder wie die USA, die regelmäßig unerklärte Kriege führen, nicht mit emp­findlichen Embargos belegen.

Wer Kriege zulässt oder will, hat die moralische Autorität verspielt, Waffen zu ächten. Er ist so glaubwürdig wie ein Fisch, der einen Nicht­schwim­mer­ausweis beantragt.

Hintertür: Für alle oder nur den Staat?

Die neuesten Smartphone-Betriebssysteme von Google und Apple wer­den private Benutzerdaten praktisch wasserdicht ver­schlüs­seln.  FBI-Direktor James Comey meinte dazu: »Es wird mög­li­cher­wei­se wegen eines gesperrten Telefons oder einer verschlüsselten Fest­plat­te keine Gerechtigkeit geben.« Und fordert eine Hintertür für den Staat, dennoch an die Informationen zu gelangen. Vielleicht war Naivität Auslöser für sein Ansinnen, denn im Zeitalter eines rasend schnellen Internets und riesiger Rechnerleistung, gibt es Hin­ter­tü­ren entweder für keinen oder für alle, auch und besonders für Kriminelle.

Und doch hat Comey damit eine Schlüsselfrage gestellt: »Kann Ge­heim­hal­tung schaden?« Eine einfache Kopfrechnung hilft hier wei­ter. Wenn der Anteil der Verbrecher an der Gesamtbevölkerung und unter Staatsdienern etwa gleich hoch liegt, kann es laut FBI-Direktor keine – wie auch immer geartete – Gerechtigkeit geben, wenn die Öffentlichkeit keine Hintertüren in geheime Re­gie­rungs­un­ter­la­gen von Geheimdienstakten bis hin zu Be­schaf­fungs­auf­trä­gen bekommt.

Irrt also Herr Comey, braucht niemand Hintertüren. Irrt er nicht, ge­hö­ren Datenschutz, Geheimhaltung und Verschlüsselung verboten, für alle, auch für den Staat. Wollen wir hoffen, dass er ebenso bo­den­los daneben liegt, wie er sich anhört.

Gerechtigkeit: Der vermummte Neid

Eigentlich müssten wir diesen üblen Begriff besser als »Ge­räch­tigkeit« buchstabieren. Er hat nichts mit Recht zu tun, sondern mit der Rache an Menschen, denen wir etwas nicht gönnen. Mit der Gerechtigkeit lässt sich vortrefflich Schindluder treiben, unter ih­rem Banner wurden mehr Menschen in den Tod getrieben als selbst unter der Fahne der unfassbaren Religionen.

Schauen wir uns einige zum Himmel schreiende Ungerechtigkeiten an, um das Vernichtungspotenzial zu zeigen, das im Ruf nach Ge­rech­tig­keit steckt:

  • Serbien kann je Einwohner volle 4008m² landwirtschaftliche Nutz­flä­che für die Ernährung einsetzen, Kroatien nur 1985m²  – also weniger als die Hälfte – und Luxemburg nur lä­cher­li­che 1187m² . Wir Deutschen leben folglich direkt neben einem Volk ohne Raum, einem Pulverfass. Und auch die Serben müssten den Kroaten einen erheblichen Teil ihres Territoriums abtreten.
  • Kroatien hingegen hat pro Kopf 131 Zentimeter Meeresküste zum Fischen, Sonnen, Baden oder für Hafenanlagen zur Ver­fü­gung, Serbien und Luxemburg nicht einen einzigen Millimeter. Die­se beiden Staaten könnten sich im Namen der Gerechtigkeit zu­sam­men­schlie­ßen, um Meereszugänge zu erkämpfen.
  • Massenentlassungen sind in fast allen Fällen ungerecht, denn entweder müssten Männer und Frauen im Verhältnis der Ge­samt­be­völkerung oder der Belegschaft entlassen werden. Doch das rechnet keiner nach. Es gibt auch kein entsprechendes Quo­ten­gesetz.
  • Wenn bei Geschwistern eines eine Grippe bekommt, werden sich die anderen kaum bemühen, der Gerechtigkeit wegen auch zu er­kran­ken. Aber wehe nur eines erhält eine Tafel Schokolade! Auch hier geht es bei Gerechtigkeit nicht darum, alles zu be­kom­men, was der andere hat, sondern nur das, was einem gefällt, sich also subjektiv besser zu stellen.
  • Naturgemäß sind nicht alle Richter, Staats- und Rechtsanwälte von gleicher Qualität. Und dennoch wäre eine Negativliste der größten Rechtsversager sinnlos. Zum ersten können wir zumeist das zuständige Gericht nicht frei wählen. Könnten wir es zum zweiten doch, würden wir kaum ein Gericht mit hoher Re­vi­sions­quote wählen, damit wir – gerechterweise – nicht besser weg­kom­men, als unser unlängst vor einem nachlässigen Amtsrichter gescheiterter Nachbar.

Der Faden solcher realen Beispiele ließe sich über Hunderte Seiten weiterspinnen und würde doch nur immer wieder belegen, dass zwar einigen mit dem Ruf nach Gerechtigkeit gedient wäre, der an­ge­strebten Gerechtigkeit selbst aber in keinem Falle.

Fazit: Es gibt keine Gerechtigkeit im Sinne einer Gleichbehandlung, weil es wegen der strikten Ausrichtung allein auf das Positive keine geben kann! Zieht also irgendjemand im Namen der Gerechtigkeit zu Felde, ist diese Person entweder geistig ganz erheblich be­schränkt oder schlicht asozial perfide. Einfach weghören!

Futterneid: Wen sollen Politiker bestreiken?

Arbeitsministerin Nahles läuft wahrlich nicht mit der Ver­fas­sung unter dem Arm herum, denn sie will mit einem Gesetz zur Ta­rif­ein­heit den Streik der Lokomotivführer abwürgen. Damit schafft sie Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes zur Koalitionsfreiheit fak­tisch ab und wandelt kleinere Gewerkschaften in bloße Vereine um.

Nun muss man ja Tarifautonomie als Konzept nicht mögen, sie aber einigen Berufsgruppen zuzugestehen, aber anderen nicht, zeugt von einem doch sehr politischen Rechtsverständnis.

Oder steckt da nur schlichter Futterneid einer Politikerin dahinter? Denn Lokomotivführer erbringen – zumindest im Per­so­nen­ver­kehr – eine wichtige Dienstleistung direkt für Menschen. Wenn sie streiken, baut das einen erheblichen Druck der Öffentlichkeit auf und das kann damit auch zu deutlichen Tarifsteigerungen führen. Die­ses Beispiel könnten dann Altenpfleger, medizinisches Personal oder Er­zie­her dazu anregen, ihre Gehaltssituation ebenfalls deutlich zu ver­bes­sern.

Streiken aber Politiker – ob nun rechtlich zulässig oder fragwürdig – schert es die Öffentlichkeit wenig bis überhaupt nicht. Am Ende be­kä­men sie dann den Lohn, der ihrer wahren Bedeutung ent­spricht.

Gesundheit: Klassik ärgert Finanzminister

Die Mediziner des Vivantes-Klinikums Am Urban in Berlin leisten einen wertvollen, revolutionären Beitrag zur Suchtbekämpfung, indem sie Raucher mittels klassischer Musik in die Flucht schlagen und diese damit von den Normalbürgern isolieren. Vor allem Kinder und Jugendliche profitieren von weithin sichtbaren Absonderung der Nikotinsüchtigen, deren »coole« Vorbildwirkung ist damit dahin. Wer will schon in der Ferne mit anderen übelriechend frieren?

Auch Rauchern wird dadurch möglicherweise geholfen. Da ihr moralisches Image zwischen »hirnlos« und »miese Type« schwankt, wenn sie in Kindernähe ihrem Laster nachgehend erwischt werden, werden sie durch die Musikvertreibung weniger oft in Situationen geraten, die zu Diskriminierung dieser Umwelt und sich selbst be­las­tenden Zeitgenossen einlädt.

Allein unser Finanzminister sieht diese Entwicklung mit Sorge. Da die Tabaksteuer mit jährlich über 135 Milliarden Euro fest im Bun­des­haushalt eingeplant ist, dürften entwöhnte Ex-Raucher ein der­artiges Finanzierungsrisiko darstellen, dass mit dem Verbot öf­fent­lichen Abspielens von klassischer Musik zu rechnen ist.

Chancen: Ei-Versicherung

Innovative Unternehmen wie Apple oder Facebook weisen wieder einmal den Weg: Sie bezahlen ihren Mitarbeiterinnen die Kosten für das Einfrieren einiger ihre Eizellen. Noch ist unklar, ob die Firmen das Geld wieder zurückfordern, wenn die aufschiebenden Frauen während des Konservierungszeitraums schwanger werden. Doch auch so ist dieses Service-Angebot ein großer Schritt zur weiteren Flexibilisierung des Daseins.

Große Marktchancen tun sich damit auf, und zwar für Ver­si­cherungen! Das Risiko, nach Jahren unbefruchtbare Eizellen zu­rück­zu­er­halten, ist nach heutigem Stand der Wissenschaft als nicht gering zu achten. Und selbst wenn dann das Ei problemlos zu be­fruch­ten ist, kann das Befruchtungsprodukt, ge­mein­hin Kind ge­nannt, von minderer Qualität sein. Schließlich wirkt Höhenstrahlung viel länger auf die Zelle ein als bei unmittelbarer Zeugung.

In solchen Schadensfällen sollten die Ei-Versicherer den Ge­schä­dig­ten wahlweise einen Geldbetrag, einen Adoptionsgutschein. ein Le­bens­abonnenment für den Anthro oder eine Kombinationen dieser Leistungsarten anbieten.

Die Tarife dürften sich über die Jahre und Jahrzehnte verbilligen, da es dann möglich sein wird, bereits befruchtete Eizellen, später auch Embryos einzufrieren, was die Endrisiken stark verringern wird.

Gute Gewinnchancen werden auch Firmen bieten, die Ei­zel­len­gut­achten, ähnliche vorgeburtliche Dienstleistungen und Adoptionen anbieten.

Und schließlich verbessern sich die Aussichten auf völlig neuartige Fa­mi­lien­konstruktionen durch die Gefriereier dramatisch: Wir wer­den Großonkel und Großtanten haben können, die bei unserer Voll­jährigkeit noch nicht geboren waren.

Blauäugig: Die Spitze des Quoteneisbergs

Meldung des Tages: Filmemacherinnen fordern mehr Regieaufträge für Frauen. Was für ein Glück, dass Frauen bereits den Be­wusst­seinsgrad erreicht haben, ihre Benachteiligungen zu erkennen und zu bekämpfen. Und all die anderen, die noch nicht einmal von ihrer Unterdrücktheit wissen?

Linkshänder, ehemalige Heimkinder oder Blauäugige, sind sie über­haupt angemessen im öffentlichen und Wirtschaftsleben vertreten? Belastbare Studien dazu sind weder vorhanden noch beauftragt. Hier pflanzt sich die Nachlässigkeit fort, mit der Bundesministerin Ma­nuela Schwesig schon den Ausbau der Kinder­fremd­be­treu­ung vorantreibt, denn es gibt keine Studie oder auch nur Umfrage, ob das die betroffenen Kinder überhaupt wollen. Auch ist unklar, wer in der Bundesregierung für umfassende Gleichstellung zu­stän­dig ist. Bei den Frauen ist es Frau Schwesig, aber wer kümmert sich um Linkshänder, ehemalige Heimkinder oder Blauäugige? Frau Nah­les vom Bundessozialministerium vielleicht?

Selbst bei der Frauenquote wurde noch nicht alles bedacht. Bei Mas­sen­ent­las­sun­gen unter Sozialplan weiß niemand, in welchem Pro­porz Männer und Frauen zu entlassen sind. Ist es überhaupt zu­läs­sig, in einem Unternehmen, das auch Frauen beschäftigt, nur Män­ner »freizusetzen«?

Unser aufblühendes Quotenwesen spiegelt auf hervorragende Wei­se einen allgemeinen gesellschaftlichen Trend wieder: Nicht Können oder Wollen entscheiden, sondern allein das Sein!

USA: Angst vor arbeitslosen Soldaten

Staaten mit Todesstrafe sind denkbar ungeeignet, international »Ord­nung« zu schaffen. Warum? Weil im Denken ihrer Füh­rer Vergeltung einen viel zu hohen Stellenwert hat. Mit einer Tötung – gleich, ob durch einen Anti-Terror-Einsatz oder nach einem Urteil – bestrafen wir in jedem Fall die Hinterbliebenen, die zumeist unschuldig sind.

Unschuldig Bestrafte, also von Vergeltung Betroffene, können sich kaum anders wehren, als die Ungerechten zu attackieren. Diese Menschen zum Terrorismus zu verführen, braucht wenig. Die Zahl der Überlebenden ist naturgemäß viel höher als die der Getöteten, solange man noch vor dem Atomkrieg zurückschreckt. Und so potenziert sich die Zahl der Terroristen mit jeder Attacke.

Hätten die USA als selbsternannter führender Terrorbekämpfer eine Alternative? Gewiss: mit der Hälfte ihres Militärhaushalts könn­ten sie jedem IS-Kämpfer den Terrorismus für einen jährlichen Bonus von 6000000 Dollar abkaufen. Schlössen sie Al-Qaida und die Taliban mit in den Geldregen ein, wären es immer noch über fünf Millionen pro Kopf. Deren Angehörigehätten nie wieder Hunger, könnten sich anständige Medizin leisten und für ihre Kinder wäre ein Studium in Harvard oder Stanford kein Problem. Wozu noch in Massen terrorisieren?

Da kann man schon grübeln, warum die »Führungsmacht« nicht diesen unblutigen, die Weltwirtschaft ankurbelnden Weg geht. Ob sich die US-Regierung vor arbeitslosen Soldaten fürchtet? Oder einfach nur Freude am Schießen hat?

Marketing: Politiker lernen von Rock Hudson

Marketing vom Feinsten: 50 junge CDU-Politiker fordern von Kanzlerin und Parteichefin Angela Merkel einen offensiveren Reformkurs. Das gab es doch schon mal 1961 als Hollywood-Strei­fen: »Lover come back«? Rock Hudson schuf aus rein erotischen Gründen einen Placebo-Werbespot für ein nicht existierendes Pro­dukt mit Namen VIP. Der Spot wurde versehentlich gesendet und die Nachfrage nach VIP explodierte. Nun brauchte man nur noch das Produkt, den Namen gab es ja schon.

Unsere jungen CDU-Dynamiker trommeln heute für etwas, das »Reformen« heißt. Wenn dann genügend Nachfrage besteht, kön­nen sie praktisch alles verkaufen, was  »Reform« genannt wird. Im echten, politisch nicht verdorbenen Leben findet man zuerst heraus, was, warum und wie geändert werden soll, einigt sich also auf nach­vollziehbare Ziele, verkündet sie und ruft erst dann nach Reformen, diese Ziele zu erreichen.

Damit liefern uns Polit-Profis einen weiteren Grund für die Wahl­un­lust der Bürger im Lande. Wer wählt sich schon gern Vertreter, die alles anders herum machen als normale Leute?

Feudalismus: Jobcenter gewähren Hilfe

Schlendern wir die Gänge eines Jobcenters entlang, entdecken wir an den Büroschildern ein Wort besonders häufig: Gewährung, vor­zugs­wei­se in der Zusammensetzung »Leistungsgewährung«. Unsere vo­ka­belreiche deutsche Sprache benutzt dieses Wort in einem ziem­lich eindeutigen Sinne, nämlich jemandem großzügigerweise et­was zu geben oder zuzugestehen. Das Jobcenter wendet allerdings – von Politik und Verwaltung geduldet, wenn nicht gefördert– dieses Wort fälschlicherweise im Sinne »einer Rechtspflicht nachkommen« an.

Diese sprachliche Fehlleistung bringt Übles mit sich, für Bedürftige ebenso wie für die Leistungsgewährer. Die Bedürftigen, oft schon reichlich vom Schicksal und der Wirtschaft gebeutelt, begeben sich vorauseilend in eine dauerhafte Kniefallposition. Ein Auftreten, das ihren Chancen auf dem Arbeitsmarkt selten gut tut. Die Leis­tungs­gewährer hingegen entwickeln ein Machtgehabe, wie es wohl einem Burgvogt oder Lehnsherrn anstand.

Und so ist es geschehen, dass ein Jobcenter nach einem anonymen Hinweis nicht nur einer Ar­beits­losen im stattlichen Alter von 64 Jahren Miete und Heizung ver­wehr­te, weil sie zu wenig Tage in ihrer Einraumwohnung verbrachte, sondern das Landessozialgericht in Mainz hat  entschieden, dass das rechtlich nicht zu beanstanden sei.

Im »gewährenden« Feudalismus wäre ein solches Prozessergebnis nicht verwunderlich gewesen, war doch der Feudalherr zugleich auch oberster Richter über alles, was in seinem Beritt kreuchte und fleuchte. Doch heute? Selbst Mordverdächtige brauchen Durch­su­chungen ihrer Privaträume ohne richterlichen Beschluss nicht zuzulassen. Lässt jedoch ein Arbeitsloser einen solchen Vorstoß gegen die Unverletzlichkeit seiner Wohnung nicht zu, kann er – ohne Gerichtsbeschluss! – mit einem monatlichen Zwangsgeld in Höhe einer Warmmiete belegt werden.

Wir können vermuten, dass Angestellte und Beamte in Jobcentern unterdurchschnittlich oft im Sinne des  § 253 StGB straffällig wer­den. Solche Neigungen oder Gelüste dürfen sie mit dem Segen der Obrigkeit schon in ihrer Bürozeit und gegen Bezahlung ausleben.